KIRGEST

Ein Kindergeburtstag 1977, eine Kameraeinstellung, 30 sec, Super 8. Ein Establishing Shot. Kinder und Erwachsene bevölkern einen Garten, ein Paar sitzt auf einer Hollywood-Schaukel, andere spielen oder essen Torte. Die Szene erinnert ein wenig an ein animiertes Breughel-Bild. Kein Zoom dirigiert uns zu einem vielleicht vertrauten Gesicht. Nur gegen Ende beginnt die Kamera einen langsamen Schwenk nach rechts. Das Bild hat kein Zentrum, der Blick wird nicht geleitet.

Ein Gemälde von Breughel würde man sich in Ruhe ansehen; zunächst im Ganzen, dann im Detail, einmal aus der Ferne und einmal - vielleicht nach einer Pause - aus der Nähe. Dadurch verändert das Bild seine Qualität.

Ähnliches geschieht mit diesem kleinen Filmausschnitt. Einzelbestandteile des analogen Geschehens werden Schritt für Schritt in Handlungsstränge sequenziert, die zuvor dem Blick wegen ihrer Parallelität teilweise entgehen mussten. Dazu werden Details des Bildes abgefilmt und aus diesen anschließend separate Erzählräume konstruiert, die hintereinander zu sehen sind. Schritt für Schritt ergeben sich so verborgenen Bedeutungen und Zusammenhänge. Andere, weniger “bedeutsame“ Vorgänge verschwinden hingegen in den Zwischenräumen. Das ursprüngliche Bild löst sich unter dieser neuen Betrachtung auf, herausgelöste Fragmente und der andere Blick auf sie verändern die Qualität der Dinge, auch wenn der Ablauf der gleiche bleibt.

Der Betrachter soll sich während der Einzelszenen den Überblick wünschen und bezweifeln, dass diese Details in der zu Beginn achtlos hingenommenen Totale tatsächlich vorgekommen sind. Auch wenn am Ende die Totale noch einmal gezeigt wird, bleibt der Blick an den aufbereiteten Bedeutungszusammenhängen haften. Die Bearbeitung hat nicht nur in die Gestaltung der Details eingegriffen, sie hat auch den Blick auf das Ganze selektiv gemacht.

Genre
Experimentalfilm
Format
miniDV
Länge
3:30 Minuten

von
Werner Mahlknecht
Marco Antoniazzi
Gregor Stadlober